Und weiter geht’s mit Homeschooling…

Während der Sommerferien versorgte uns unsere Schule während zahlreicher Online-Elternversammlungen mit allerlei Informationen zum Ablauf des neuen Schuljahres und welche Maßnahmen sie ergreifen würden, um Präsenzunterricht ermöglichen zu können. Obwohl keiner von uns Eltern von den Wochen des Homeschoolings begeistert war, so bezweifelten wir doch, dass bei den weiterhin steigenden Corona-Neuinfektionen Präsenzunterricht eine gute Idee wäre.

Unsere Schule fing an, alle Tische mit Plexiglasscheiben auszustatten.

Tatsächlich ist es so, dass die Corona-Ampel in San Luis Potosí wieder auf rot steht (rot ist die schlechteste von 4 Stufen) und erst bei grün (Stufe 1 in diesem Ampelsystem) dürfen die Schulen wieder Präsenzunterricht anbieten. Bei der letzten Elternversammlung gab unser Direktor deswegen April nächsten Jahres als potenziellen Wiedereinstiegstermin in den normalen Schulbetrieb an. Das ist noch ernüchternd lange hin…

Die neunwöchigen Sommerferien hat unsere Schule trotzdem gut genutzt und bessere Konzepte für den Onlineunterricht erarbeitet. Zwar hatten wir im Vergleich zu vielen anderen Schulen weltweit einen halbwegs vorzeigbaren und vernünftigen Unterricht, aber es gab dennoch genug Verbesserungsmöglichkeiten, insbesondere in der Länge des Unterrichts und des Stresspegels der Eltern.

In der letzten Ferienwoche ist es in Mexiko üblich, dass die vom Schulministerium gelieferten Schulbücher in der Schule abgeholt, zuhause beschriftet und danach wieder zur Schule gebracht werden. Der letzte Schritt entfiel dieses Jahr, doch das Abholen blieb. Normalerweise muss auch das geforderte Schulmaterial – im letzten Schuljahr waren es sage und schreibe 44 (!!) Bleistifte bei der Kleinen – und eventuell weitere Schulbücher – da wir an einer Privatschule sind, werden jedes Jahr die offiziellen Schulbücher wenig bis gar nicht beachtet und dafür andere, offensichtlich bessere Bücher angeschafft – zur Schule gebracht werden. Dies fiel dieses Jahr ebenfalls aus.

Wegen Covid-19 wurden die Eltern entsprechend der Klassenstufen bestimmten Abholzeiten und -tagen zugeordnet und außerdem darum gebeten, Mundschutz zu tragen, auf Abstand zu achten und einen eigenen Kugelschreiber dabei zu haben. Außerdem wurde bei der Ankunft erst Fieber gemessen und großzügig Desinfektionsgel verteilt bevor man die Schule betreten durfte. Die Maßnahmen fand ich richtig gut, zumindest so lange bis ich im Klassenzimmer einem Lehrer ohne Mundschutz gegenüberstand, der mir beim Überreichen der Dokumente und Bücher regelrecht auf die Pelle rückte. Da fühlte ich mich ehrlich gesagt leicht veralbert. Die Hygieneregeln galten anscheinend nur für die Eltern?!

Die Dokumente stellten sich rasch als eine Art Einschreibungspapiere heraus. Das verwirrte mich ziemlich, da wir diese bereits bei der allerersten Schulanmeldung ausfüllen mussten und noch ein zweites Mal für die Einschreibung in das neue Schuljahr. Vielleicht wollen sie so überprüfen, ob man wirklich jedes Mal das Gleiche hineinschreibt? Die Fragen fand ich wie üblich recht übergriffig, doch dieses Mal war ich mutiger als die letzten Male und habe einfach großzügig Striche in die Kommentarfelder gemacht, die ich nicht beantworten wollte. Hier ein kleiner Auszug der Fragen:

  • Wie setzen Sie zuhause Strafen um?
  • Wie wird Ihr Kind belohnt?
  • Hat Ihr Kind Talente?
  • Welche Eigenschaften mögen Sie bei Ihrem Kind am liebsten?
  • Wie haben Sie reagiert als Sie den positiven Schwangerschaftstest in der Hand hielten?
  • Hatten Sie Fehlgeburten?
  • War die Schwangerschaft geplant?
  • Welche Marke hat Ihr Auto?

Die Antworten auf diese Fragen gehen die Schule meiner Meinung nach nichts an, da sie entweder viel zu privat, belanglos für Schulthemen oder übergriffig sind. Es wundert mich ehrlich gesagt, dass die Mexikaner den Bogen immer anstandslos ausfüllen.

Oben die „privaten“ Schulbücher, unten die vom Schulministerium.
Warum müssen die offiziellen eigentlich immer so öde und demotivierend aussehen?

Diese Woche Montag hat das Schuljahr begonnen. Die Kleine ist nun stolze Zweitklässlerin, der Mittlere ein Viertklässler und der Große geht in die 9.Klasse. Der erste Schultag bestand eigentlich nur aus (Eltern)Versammlungen und Vorstellungen der Lehrer. Natürlich alles online. Hierfür mussten wir in den Tagen zuvor neue E-Mailadressen für die Kinder anlegen – wozu auch immer man jedes Jahr neue braucht -, uns wieder im Google Classroom anmelden und den entsprechenden Kursen beitreten.

Auf der Versammlung wurde vor allem der Ablauf der nächsten Tage und Wochen erklärt, die Kinder im neuen Schuljahr willkommen geheißen und – was ich äußerst befremdlich fand – den Eltern erklärt, dass die Kinder früh schlafen gehen sollen, damit sie am nächsten Tag fit sind. Also möglichst spätestens gegen 20 Uhr / 20.30 Uhr.

Diese erste Woche dient als Integrationswoche für die neuen Schüler und es werden lediglich Themen wiederholt bzw. kleine „Diagnostiktests“ geschrieben, um zu schauen, wo die Schüler noch Lücken haben. Meine Kinder haben sich bereits allesamt darüber beschwert, denn wenn sie schon Schule haben und ihre kostbare Spielzeit opfern müssen, dann doch bitte wenigstens richtig. Ab nächster Woche soll es aber so weit sein, dass sie mit dem normalen Unterricht beginnen.

Die Schule hat die Unterrichtszeiten für die jeweiligen Fächer in der Grundschule übrigens tatsächlich deutlich ausgedehnt, sodass die beiden Kleinen fast durchgängig von 8 – 13.30 Uhr Onlineunterricht haben. Beim Großen hat es auch letztes Jahr schon sehr gut geklappt, dass der jeweilige Fachlehrer dem normalen Stundenplan entsprechend seinen Unterricht hielt. Allerdings wurde auch sein diesjähriger Stundenplan angepasst, sodass er kürzer als üblich Schule und ab dem frühen Nachmittag frei hat.

Ausschnitte aus den Stundenplänen der Kinder.
Alle aufgeführten Stunden werden auch online vom Lehrer durchgeführt bzw. betreut.

Wie man sieht, haben alle Kinder jeden Morgen eine halbe Stunde Sport. Das finde ich richtig gut, denn so bewegen sie sich gezwungenermaßen täglich, bleiben fit und werden wach. Gerade für Kinder, die in einer kleinen Wohnung ohne Garten o.ä. wohnen, ist das super. Der Sport ähnelt dem Aufwärmprogramm vom Fußballtraining der Jungs in Deutschland, sodass man auch in kleinen Räumen gut mitmachen kann. Bei diesem Schulsport mache ich übrigens aus zwei Gründen mit: Erstens, weil auch mir die regelmäßige Bewegung aller Gliedmaßen sehr gut tut, und zweitens, um die Kinder zu motivieren. Denn was Mama kann, muss man als kleiner Grundschulstöpsel doch auch können, oder?!


In den letzten 2 Tagen haben wir wieder dort angefangen, wo wir vor den Sommerferien aufhörten, denn die waren geprägt von „Mama, ich komme nicht in den Klassenraum rein„- , „Maaaamaaaa, ich habe kein Internet„- und „Maaaaaaaaaamaaaaaaaaaa, die Lehrerin ist noch nicht da. Was soll ich machen?„-Rufen. Auch dieses Jahr arbeitet die Schule wieder mit der Plattform zoom, möchte sich aber nach wie vor keinen kostenpflichtigen Account zulegen. Das bedeutet, dass der Unterricht alle 40 min unterbrochen wird, die Kinder rausgeworfen werden und sich danach neu einloggen müssen. Gerade für die Kleinen ist es jedoch schwer zu unterscheiden, ob es sich hierbei um eine offizielle Pause, dem üblichen 40-min-Rauswurf oder doch fehlendem Internet handelt. Dadurch ist das von der Schule angekündigte selbstständige Arbeiten der Kinder keineswegs der Fall und der WA-Elternklassenchat läuft heiß.

Hinzu kommen die wirklich häufigen Internetprobleme auf beiden Seiten. Bereits vor der Pandemie hatten wir fast täglich Internetausfälle, doch seitdem so viele Menschen Homeoffice oder -schooling betreiben, haben wir mindestens zwei- bis dreimal täglich für 2-30 min kein Internet. Das ist wenig lustig, wenn man darauf angewiesen ist, und noch weniger lustig, wenn die Lehrer beschließen, dass wenn ein Kind einmal aus dem virtuellen Klassenraum „rausgegangen“ ist (in dem Fall trifft rausgeworfen es eher), es nicht mehr hineingelassen wird.

Dementsprechend ungehalten sind mittlerweile viele Eltern und die Schule wird aktuell mit unzähligen Beschwerde-E-Mails überhäuft. Auch, wenn die Schule sich wirklich bemüht, den Kindern trotz allem ein vernünftiges Lernumfeld zu bieten, gibt es an ein, zwei Stellen nach wie vor Verbesserungspotenzial. Ich bin gespannt, inwiefern sich in den nächsten Tagen noch etwas ändert.

Nichtsdestotrotz geben sich die (meisten) Lehrer sehr viel Mühe, versuchen die Kinder bei Laune zu halten und geben insbesondere in den jüngeren Klassen auch immer mal wieder kurze Pausen. Immerhin ist es für sie sehr anstrengend fast durchgängig 5,5 h vor dem PC zu sitzen und sich zu konzentrieren. Denn gerade letztere wird ganz anders gefordert als im normalen Klassenraum und es ist für alle Beteiligten eine sehr große Umstellung.

Doch ich bleibe optimistisch, dass auch dieses Schuljahr auf seine ganz eigene Weise toll wird, die Kinder viel lernen und Freude am Unterricht haben werden!

Auch in Mexiko steht Basteln und Malen zur Unterrichtsauflockerung hoch im Kurs.

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