Oder: Hilfe! Wir haben kein warmes Wasser! Unsere ersten Wochen in Mexiko waren geprägt vom regelmäßigen Besuch eines selbsternannten Allroundhandwerkers: Pedro. Schnell stellte sich heraus, dass er zwar einigermaßen Englisch sprach, aber handwerklich eher nach dem Motto „learning by doing“ an die Probleme heranging. Egal ob Wasserhahn, Gasherd, Fenster, Türen, Wassertemperatur oder Fliegengitter – alles war für ihn „No problem!“.
Der erste Punkt auf der To-Do-Liste war die zu geringe Wassertemperatur. Wir haben einen Warmwasserboiler, der außerhalb des Hauses im Innenhof angebracht ist. Durch die ohnehin langen Leitungswege geht erstens einiges an Wärme verloren und zweitens dauert es je nach Entfernung zum Boiler eine Weile bis warmes Wasser aus dem Hahn kommt. In der Küche z.B. muss ich ca. 15 l Wasser durchlaufen lassen bis langsam warmes Wasser kommt. In unserer Dusche muss ich sogar 5-7 min Wasser laufen lassen bis das Wasser annähernd Duschtemperatur hat. Da möchte ich gar nicht wissen wie viel Wasser wir täglich verplempern.
Die ersten Wochen war es leider so, dass trotz minutenlangem Warten das Wasser maximal 30 °C erreichte. Das ist weder zum Abwaschen dreckigen Geschirrs noch zum Duschen meine bevorzugte Temperatur, weswegen wir Pedro baten das Problem zu lösen. Pedro schaute sich „fachmännisch“ den Boiler an, befand ihn für gut eingestellt und hangelte sich kurz darauf ungesichert in schwindelerregender Höhe auf unser Dach zum Wassertank hinauf, nur um anschließend triumphierend mit einem kleinen, angeblich kaputten Wasserregler wieder herunterzukommen.
Zwei, drei Tage später tauchte er mit einem Ersatzteil wieder auf, setzte es ein und voilà – das Wasser war immernoch nur lauwarm. Pedro stellte daraufhin kleinlaut fest, dass es wohl doch nicht daran gelegen hätte und er Unterstützung von einem Experten bräuchte. Der Experte kam und ging, leider ohne das Problem zu lösen. Völlig entnervt setzte sich mein Mann eines Abends hin, durchforstete das Internet und spanische Youtube-Videos und wurde tatsächlich nach 1 Stunde fündig. Das Problem war eine Einstellung am Warmwasserboiler, die nicht korrekt war. Es kostete meinen Mann nur ein paar Handgriffe und wir hatten erstmalig heißes Wasser. Schade das Pedro nicht dabei war – da hätte er sicher noch etwas lernen können!
Nach der „Reparatur“ der Wassertemperatur folgten die Fenster und Türen. Erstere ließen sich teilweise nicht verriegeln und letztere klemmten teilweise so stark, dass sie nur unter großem Kraft- und Geräuschaufwand zu schließen und öffnen waren. Nachdem sich Pedro eine Weile selbst an den Fenstern versuchte, holte er sich nach einigen Tagen Unterstützung, der das Problem mit einigen neuen Riegeln und Schlössern auch tatsächlich lösen konnte. Das Türproblem hingegen löste Pedro alleine.
Nun muss man wissen, dass sich die mexikanische Türbauweise von der deutschen leicht unterscheidet. Während in Deutschland unter anderem passgenaue Zargen verwendet werden und die Türen hinterher mithilfe der Einstellschrauben leicht justiert werden können, werden hier oft lediglich Latten in die Türöffnung geschraubt, an denen wiederum die Tür mit einfachen Scharnieren befestigt wird. Demzufolge kann die Tür nicht einfach justiert werden, wenn sie klemmt.
Typisch mexikanisch wurde jedoch nicht lange gefackelt und Pedro „hobelte“ mit einem Messer so lange dilettantisch an den Türlatten Holz ab bis die Tür sich problemlos schließen ließ. Weder seine Ausführung, bei der man fürchten musste, dass das Messer gleich in seinem Bein stecken würde, noch sein Ergebnis sahen sonderlich professionell aus.
In der Küche, die mitsamt E-Geräten zur Möblierung des Hauses gehörte, hatte der Gasherd seine besten Tage bereits hinter sich. Die Drehknöpfe zum Anschalten der Herdplatten fielen entweder bereits beim Angucken herab oder man hatte sie spätestens beim Berühren in der Hand. So konnte man den Herd zwar an-, aber nicht mehr ausschalten. Pedros mexikanischer Vorschlag, wir könnten den Herd auch ohne Drehknöpfe, dafür aber mit einer Kneifzange bedienen, lehnten wir dankend ab.
Demzufolge machte sich Pedro auf den Weg, um Ersatzdrehknöpfe zu kaufen und versprach uns, „gleich danach“ wiederzukommen. 4 Tage später stand er strahlend mit seinem Einkauf vor unserer Tür. Offensichtlich hat ein mexikanisches gleich nicht dieselbe Bedeutung wie ein deutsches. Wenigstens passten die Ersatzteile mehr oder weniger gut und der Herd ließ sich wieder bedienen.
Für die Reparatur des Wasserhahns im Innenhof, den wir nicht benutzen konnten ohne plötzlich den gesamten Hahn in der Hand zu halten, stand Pedro eines Tages mit Zeitungspapier in der einen und einer Rohrzange in der anderen Hand strahlend vor unserer Tür. Nach 10 min gemeinsamer Suche stellten wir fest, dass es in unserem Haus keinen Hauptwasserhahn gibt, den man hätte zudrehen können, sodass die Reparatur bzw. der Austausch des Wasserhahns unter vollem Wasserdruck stattfinden musste. Bevor Pedro mit seinem Werk begann, bot ihm mein Mann noch eine zweite Rohrzange zum Kontern an („Oh, thank you! That’s a great idea!“) und Dichtband, damit Pedro nicht die mitgebrachte Zeitung dafür verwenden musste. Unter Mithilfe meines Mannes gelang der Wasserhahntausch reibungslos und nach 1 Stunde konnte sich der klatschnasse Pedro auf den Heimweg begeben.
Inzwischen hoffe ich, dass wir Pedro nie wieder sehen müssen, denn seine bisherigen Arbeitseinsätze haben mich von seiner Kompetenz ausreichend überzeugt…
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