Umzugsvorbereitungen

Wer kennt sie nicht, die leidigen Vorbereitungen vor dem großen Tag? Viele Dinge wie Ausmisten, Sortieren und Putzen hat man wohl immer, egal ob man um die halbe Welt oder nur in das Nachbardorf zieht. Doch bei einem Auslandsumzug kommen teilweise noch andere Dinge, wie zum Beispiel die Beschaffung des Visums oder das Aussortieren des Haushaltes anhand einer Gefahrengutliste, hinzu…

Die Hürden des US-Visums

Mittlerweile sind wir nun seit Monaten mit den Umzugsvorbereitungen beschäftigt, wobei der größte Zeitfresser jedoch eindeutig das Visums war. Bereits Ende letzten Jahres fingen die Vorbereitungen dafür an, denn wo bekommt man als Deutscher ein US-Visum her? Richtig, in Deutschland oder bei der deutschen Botschaft. Nun wollten wir aufgrund der Pandemie nicht unbedingt nach Deutschland fliegen, weswegen wir in der deutschen Botschaft in Mexiko City nach einem Termin fragten. Die Antwort „Tut uns leid, wegen der Corona-Pandemie haben wir geschlossen und bearbeiten keine privaten Themen.“ war genauso frustrierend wie ernüchternd.

Da wir aktuell die mexikanische residence card besitzen und somit quasi als Mexikaner gelten, entschieden wir uns nach einigem Hin und Her als „Mexikaner“ das US-Visum bei der mexikanischen Botschaft zu beantragen. Das Problem hierbei war nur, dass ein US-Arbeitsvisum an Mexikaner äußerst ungern und lediglich nach vielen Überprüfungen gegeben wird. Die sollen doch bitte schön in ihrem eigenen Land bleiben! Demzufolge mussten auch wir während des gesamten Visumprozesses damit rechnen, abgewiesen zu werden und doch nach Deutschland fliegen zu müssen.

Nachdem wir und insbesondere mein Mann ungelogen hunderte Dokumente eingereicht, wir zu allen Personen Fragebögen mit Fragen wie „Haben Sie in den letzten Jahren terroristische Organisationen finanziell unterstützt?“ (bei meinem Mann) oder „Haben Sie vor sich in den nächsten 10 Jahren zu prostituieren?“ (bei mir) ausgefüllt und 20.000 Pesos bei einer Bank hinterlegt hatten, bekamen wir endlich einen Visumstermin Ende Juli zugewiesen. Da dieser nach unserem geplanten Umzugstermin lag, schauten wir fortan täglich zwei- bis dreimal in das Onlineportal, um einen früheren Termin zu ergattern, der wahlweise von jemand anderem abgesagt oder von der Visumstelle zusätzlich freigeschaltet wurde. Vermutlich saßen wir genauso verzweifelt und entnervt vorm Rechner wie alle Deutschen, die versuchten online einen Impftermin zu ergattern…

Ein Teil der eingereichten Dokumente…

Nach einigen Wochen waren wir erfolgreich und so fuhren wir Ende März für 2 Tage nach Mexiko City. Am ersten Tag mussten wir bei einer Außenstelle der US-Botschaft biometrische Fotos machen lassen und unsere Fingerabdrücke hinterlegen – Handys, Kameras usw. sind dort natürlich verboten und ausgeschaltet in der Tasche zu lassen – und am zweiten Tag fuhren wir für ein Interview in die US-Botschaft. Im Vorfeld bekamen wir strikte Anweisungen wie wir uns zu verhalten haben (immer freundlich sein; auf alle Fragen antworten, aber nicht zu viel erzählen; immer in die Augen schauen; keine hastigen Bewegungen…), weswegen wir mit leicht mulmigem Gefühl dort ankamen. Bis auf das Handys, Smartwatches, Aktentaschen, Laptops und alle möglichen elektronischen Geräte verboten sind und nicht einmal ausgeschaltet mit in das Gebäude genommen werden dürfen, war der Termin ganz einfach. Insgesamt warteten wir ca. 1,5 h, wobei das eigentliche Interview gerade einmal 5 min dauerte und alles andere als hochtrabend war. Hinter einer Scheibe saß eine nette junge Dame, die uns lediglich nach unseren Namen fragte und wie lange wir in den USA bleiben wollen.

Unsere Reisepässe, die wir in der US-Botschaft abgeben mussten, bekamen wir nach einer Woche inklusive Visum per Post nach San Luis geschickt. Obwohl ich der mexikanischen Post etwas misstrauisch gegenüber stehe, hat dieser Prozess zum Glück reibungslos geklappt.

Da die Termine an den beiden Tagen jeweils nur wenige Stunden dauerten, nutzen wir die restliche Zeit für eine letzte Erkundung von Mexiko City. Dieses Mal liefen wir durch den weitläufigen, aber ziemlich vertrockneten Parque Chapultepec II, der direkt neben dem Parque Chapultepec I liegt, indem sich auch das anthropologische Museum und das Castillo Chapultepec befinden. Dafür war der See – sehr zur Freude der Kinder – reich an Fischen.

Impressionen aus dem Parque Chapultepec II

Im Süden von Mexiko-Stadt findet man das Stadtviertel Coyoacán, was in der Sprache der nahuatl soviel wie Ort der Kojoten heißt. Das Stadtviertel ist im Gegensatz zum Zentrum der Metropole sehr ruhig, verhältnismäßig sauber und ordentlich und ziemlich bunt. Kojoten, die das Wahrzeichen des Viertels sind, gibt es vielerorts als Malereien an Hauswänden oder als Statuen im Park zu bestaunen, doch das bekannteste Bauwerk des Ortes ist das casa azul ( = das blaue Haus), indem die berühmte mexikanische Malerin Frida Kahlo geboren wurde.

Impressionen aus Coyoacán

Fliegen oder fahren?

Eine nicht ganz unwichtige Frage war, wie wir umziehen: per Auto oder Flugzeug? Für uns stand seit Monaten fest, dass wir mit dem Auto von Mexiko in die USA fahren wollen, vorrangig, damit wir unseren Hunden keinen Flug zumuten müssen. Doch leider war die Securityabteilung unserer Firma der Meinung, dass das Überqueren der mexikanisch-amerikanischen Landesgrenze mit dem Auto zu gefährlich sei.

Nach einigem Hin und Her, Alternativvorschlägen ala „Wir als Familie fliegen und die Hunde werden von einem Fahrer in 3 Tagen mit dem Auto hochgefahren“ und dem Feststellen, dass es aufgrund der Pandemie keine Flugtickets für Hunde gibt, fanden wir einen Kompromiss, mit dem alle Seiten leben konnten. Demzufolge wird uns ein Bodyguard bis knapp hinter die mexikanische Grenze begleiten und von dort aus dürfen wir selber weiterfahren.

Gefahrengutliste

Diese Liste hat man ebenfalls nicht bei Umzügen innerhalb Deutschlands. Bereits bei unserem Umzug nach Mexiko mussten wir aufpassen, dass Dinge wie Kerzen, Batterien, Lebensmittel usw. nicht im Container landen. Bei einigen Sachen geht es dabei um die Einfuhrbestimmungen – Pflanzen, die meisten Lebensmittel usw. dürfen nicht nach Mexiko eingeführt werden -, bei anderen eher um die allgemeine Sicherheit, wie z.B. bei leicht entzündlichen Gegenständen. Wenn beispielsweise ein Container länger in der Sonne steht, kann er sich im Inneren stark aufheizen, sodass dort unter Umständen Brände entstehen können, die man logischerweise verhindern möchte.

Auszug aus der Gefahrengutliste

Auch dieses Mal bekamen wir solch eine Liste, die wir wieder abarbeiten durften. Zu den bekannten Dingen kamen Schmuck und wichtige Dokumente, wie Urkunden, Zeugnisse, Kredite, Rechnungen, zu den verbotenen Dingen hinzu. Bei unserem letzten Umzug hatten wir als Ausweichmöglichkeit die Luftfracht und 10 Koffer während unseres Hinfluges. Bei unserem jetzigen Umzug entfällt allerdings sowohl die Luftfracht als auch die 10 Koffer, da wir die Grenze mit dem Auto überqueren werden. Dementsprechend mussten wir alle verbotenen Sachen aussortieren und einen Großteil zu unserem Look&See im letzten Mai mitnehmen.

Da logischerweise auch sämtliche Farben und Lacke verboten sind, mussten wir diese vor dem Umzug noch sinnvoll aufbrauchen. Zumindest laut meines Mannes, der daraufhin in jeder freien Minute das Klettergerüst, den Hundeparcours und sämtliche hölzerne Sitz- und Spielgeräte der Kinder auseinanderbaute und mit Hingabe schliff, strich, trocknen ließ, von A nach B räumte, lasierte, lackierte, trocknen ließ, von B nach A räumte, um sie dann schlussendlich fein säuberlich im Abstellraum aufzustapeln und sich daran zu erfreuen. Männer 🙄

Das zerlegte Klettergerüst

Inzwischen haben wir die Liste so weit abgearbeitet, dass wir nur noch alle Lebensmittel bis zum Abreisetag aufbrauchen müssen. Dadurch kauften wir die letzten Wochen nur noch mit Bedacht und nicht mehr auf Vorrat ein, was gar nicht so einfach ist, wenn man es gewohnt ist, immer von allem ein bisschen auf Vorrat zu haben. Der Tiefkühlschrank und die Vorratskammer sind so leer wie nie, doch die letzten Konserven, offene Gewürze oder Ölflaschen werden wir wohl wie beim letzten Umzug unseren Freunden vermachen.

Vorbereitungen des Look&See

Bei einer Versetzung ins Ausland darf der Mitarbeiter mit seiner Familie zu einem sogenannten Look&See fahren, um Schule, Haus usw. auszusuchen. Hierfür gibt es zwar extra eine externe Firma, die den Mitarbeiter bei allen Terminen unterstützt, doch trotz allem gab es für uns vieles vorzubereiten und Dokumente auszufüllen. Außerdem erkundigten wir uns auf eigene Faust über unsere zukünftige Heimat und gute Wohngegenden, meldeten die Kinder nach wochenlangem Hin und Her an einer Schule an, durchkämmten den Immobilienmarkt nach potenziellen Häusern, stöberten bei Autohändlern, weil wir uns ein Auto kaufen würden müssen, buchten Flüge, Hotels und einen Hundesitter für die Hunde, trafen erste Verabredungen mit Kollegen, zukünftigen Schuleltern usw.

Unser zukünftiges (typisch amerikanisches) Haus

Aktenkram

Ein Umzug bedeutet immer viele Dokumente, insbesondere bezüglich Ab-, Um- und Neuanmeldungen. Bei uns kamen dieses Mal u.a. solch nette Sachen wie Kontoschließungen – zum Beispiel, weil ein amerikanischer Wohnsitz nicht akzeptiert wird – oder das Suchen neuer (Hausrat-)Versicherungen hinzu. Außerdem füllte ich endlich meine seit langem vor mir hergeschobenen Lebenslauflücken in der deutschen Rentenversicherung. Das ging dank Covid-19 relativ problemlos, da man aktuell alles online beantragen und hochladen kann. Ich kann Jedem, der dort auch noch Dokumente nach – / einreichen muss, nur raten, dies jetzt zu tun. Wer weiss, wie lange das so einfach und komplikationslos bleibt.

Sonstige Vorbereitungen

Unser Umzug wird von einer externen Firma organisiert. Für die Bestimmung der Umzugsgutmenge wurde aufgrund der Pandemie auf eine persönliche Hausbesichtigung verzichtet, sodass wir einen Mitarbeiter per Video durch unser Haus führen mussten. Das klappte erstaunlich gut: Wir gingen von Raum zu Raum, öffneten die Schränke für deren Inhalte, maßen noch ein, zwei Möbelstöcke aus und gaben an, wenn etwas (emotional oder finanziell) besonders wertvoll und deswegen mit Vorsicht zu behandeln war.

Da im Gegensatz zum letzten Umzug unsere Habseligkeiten nicht in zwei Container, sondern einen LKW verladen werden, kam ein Mitarbeiter her, um zu checken, ob der LKW – so ein richtig schöner großer langer amerikanischer Truck 😀 – auch bis zu unserem Haus fahren könne.
Ergebnis: Der Truck kommt aufgrund seiner Größe nicht um die letzte Kurve des Kreisverkehres in unserer Privada.
Mexikanische Lösung: Das gesamte Umzugsgut wird in 10 Kleinlastern in das zwei Stunden entfernte Querétaro gefahren und im dortigen Lager in den Truck geladen. Um zu überprüfen, ob das alles ordnungsgemäß abläuft, sollten wir dort auch hinfahren.
Unsere Lösung: Der Truck parkt vor dem Kreisverkehr bei unseren „Nachbarn“ und ein Sprinter fährt den ganzen Tag im Kreis von unserem Haus zum Truck. Diese Lösung wurde zum Glück akzeptiert.

Ansonsten trafen wir die üblichen Vorbereitungen: Ausmisten, Sortieren, Ordnen. Dafür, dass der letzte Umzug gerade einmal 2,5 Jahre her ist, haben wir relativ viel ausgemistet. Das liegt zum Einen natürlich daran, dass wir damals nicht so viel Vorbereitungszeit hatten und einfach alles mit dem Vorsatz „Beim Auspacken in Mexiko misten wir aus“ irgendwie in die Kisten gepackt wurde. Leider blieb es aufgrund anfänglichem Zeitmangel bei dem Vorsatz und es wurde alles nur ordentlich in Schränke geräumt, wo es dann 2,5 Jahre lag.

Zum Anderen werden die Kinder natürlich größer, einige Spielzeuge und Klamotten werden nicht mehr gebraucht, nicht alle Basteleien sind umzugstauglich und so wurden die Kinderzimmer gründlich entkramt.

Die meiste Zeit nahm jedoch unser Lego in Anspruch. Insbesondere der Abbau und die anschließende Sortierung unserer Harry-Potter-Sammlung nahm insgesamt viele Tage in Anspruch, doch auch das restliche Lego war nicht ohne. Eigentlich erfreue ich mich meistens an unserem Lego, doch während des Umzuges verwünschte ich die Menge mehr als einmal. Inzwischen ist alles ordentlich verstaut und die Kinder haben, sehr zu ihrem Missfallen, Legoverbot, damit wir beim Sortieren und Aufräumen nicht noch mal von vorne anfangen.

Alle Sets in fein säuberlich beschrifteten Tüten

Seit Februar bekommen die Kinder zusätzlich 3 h / Woche Englischunterricht, um sich auf ihre neue Schule vorzubereiten. Außerdem nehmen wir aktuell wieder verstärkt einige Deutschthemen durch, da sie in Greenville erstmals seit 2 Jahren – die Kleine sogar erstmalig in ihrem Leben – Deutschunterricht bekommen werden. Da haben sie nun natürlich einiges aufzuholen und werden sich auch in den Sommerferien auf den Hosenboden setzen müssen.


Zur Zeit wird unser gesamter Haushalt eingepackt. Letzten Freitag kamen 6 Möbelpacker, die seitdem täglich (exklusive Samstag und Sonntag) 9-10 h bei uns arbeiten und alles verpacken. Mich wunderte es am Anfang, dass sie so langsam sind, doch mittlerweile weiss ich den Grund: Erstens wird alles sehr sorgfältig zwei- bis dreimal umwickelt und zweitens werden von allen elektronischen Geräten, Fahrrädern, Musikinstrumenten usw. die Seriennummern und die Marke fotografisch festgehalten und auf die Umzugskiste geschrieben. Das nimmt natürlich viel mehr Zeit in Anspruch als reines Kisten packen. Hinzu kommt, dass alle Möbel liebevoll entlang ihrer Konturen eingepackt werden, sodass wir schon unseren Spaß am Möbelraten hatten.

Na, wer erkennt was sich unter den Verpackungen verbirgt?

Während unser Haus immer unwohnlicher wird, wohnen wir bis zu unserer Abfahrt in einem kleinen, aber feinen Ferienhäuschen im Redwood Villas. Hier haben die Kinder und Hunde genügend Ruhe, um ihre finalen Examen zu machen und sich zu erholen. Der Pool, der zu der kleinen Hotelanlage gehört, trägt natürlich zu zusätzlicher Begeisterung bei 🙂

Unser jüngstes Familienmitglied hat sich ebenfalls einen eigenen Schlafplatz gesucht.

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