Gottesdienst in der Schule

Heute morgen nahm ich mal wieder am Gottesdienst unserer Grundschule teil. Obwohl wir nicht gläubig sind und ich mit den Gebeten nicht so viel anfangen kann, so gehen wir auf Wunsch unserer Tochter doch ab und zu hin. Entweder aufgrund einer besonderen Veranstaltung oder weil sie etwas vorführt.

Wie schon ein paar Mal erwähnt, gibt es eine eigene kleine Kirche auf dem Schulgelände, in der zweimal pro Woche ein Gottesdienst abgehalten wird. Für die Grundschüler (Vorschule bis 4.Klasse) ist dieser sehr kindgerecht, mit wenigen kurzen Gebeten und dafür sehr musiklastig. In der Mittelschule (5. bis 8.Klasse) und Oberschule (9. bis 12.Klasse) geht es teils schon etwas ernster zu, aber es wird immer noch viel Musik gespielt.

Während des Gottesdienstes haben die Kinder außerdem die Möglichkeit in einem geschützten Rahmen das Auftreten vor einer großen Menschenmenge zu üben. Wer ein Instrument spielt, darf am Anfang gerne ein Lied darauf vorspielen. Besonders süß ist es, wenn kleine Vorschüler oder 1.Klässler, die gerade erst angefangen haben z.B. Klavier zu lernen und kaum ein paar Tasten spielen können, ganz stolz ihr erstes Liedchen mit 5 Noten vorspielen. Ich bin dann immer ganz baff wie sie das vortragen, mit einer Mischung aus kindlicher Freude, Stolz und Selbstbewusstsein. Und letzteres brauchen sie, denn immerhin hören ihnen ca. 400 Leute zu. Auch unsere Kleine hat sich schon überwunden und auch wenn sie mit hochrotem Kopf wieder von der Bühne kam, so war sie (und ich!) zurecht stolz auf ihren Mut. ICH hätte mich das nicht getraut.

Außerdem werden die Priester während des Gottesdienstes von einigen Schülern unterstützt. Wer in welchem Turnus an der Reihe ist, legen die Lehrer fest, aber jeder Schüler muss die Rolle Acolyte (= Altardieners) vier- bis fünfmal pro Jahr übernehmen. Dabei müssen die Kinder Kerzen / Bücher / Flaggen von A nach B tragen, Gebete vorlesen und teils die Vorsinger für Lieder sein. Insbesondere den Jüngeren sieht man die Aufregung, aber auch den Stolz an, wenn sie es geschafft haben. Wie gesagt, vor 400 Leuten zu sprechen ist eine Herausforderung, die nicht jeder meistert und ich finde es toll, dass die Kinder sich schon so früh üben können und es somit später bei Vorträgen usw. hoffentlich leichter haben.

Beim heutigen Gottesdienst hat ein Zweitklässler namens Teddy – ich find es immer noch ungewohnt, dass das hier ein ganz normaler Name ist 😊 – ein paar Töne am Klavier gespielt und danach haben der Chor und der Handglockenchor die Chance genutzt, um für ihren Auftritt am Ende der Woche zu proben. Nach ein paar Gebeten und vielen weiteren Liedern, die eher schwungvoll als einschläfernd waren, gab es noch die Birthday Blessings. Hierbei wird eine fetzige Version des Happy-Birthday-Liedes gespielt und alle Kinder, die im Laufe der Woche Geburtstag haben, werden von der Priesterin gesegnet. Das Schöne ist, dass auch an die Kinder, die in den Sommer- / Weihnachtsferien Geburtstag haben, gedacht wird. Das heißt im Laufe des Schuljahres bekommen diese Kinder einen Termin zugeteilt und werden ebenso wie die anderen Kinder gesegnet und mit einer kleinen Überraschung bedacht.

Während die meiste Zeit Gott in sprachlicher oder musikalischer Form gehuldigt wurde, wurde auch dem Treuegelöbnis gegenüber den USA noch Zeit eingeräumt. Denn kurz vor Ende mussten zunächst alle Kinder aufstehen, die Hand über das Herz legen und die Pledge of Allegiance (= Treueschwur) aufsagen. Dieses ist das Loyalitätsgelöbnis gegenüber der Flagge und der Nation und gehört an den meisten amerikanischen Schulen zum täglichen Ritual. (Immerhin wird den Nicht-Amerikanern eingeräumt, nicht die Hand übers Herz legen zu müssen, aber aus Respekt der Flagge gegenüber sollen die Kinder trotzdem aufstehen.) Nach dem Treueschwur wurde noch energiegeladen die erste Strophe der amerikanischen Hymne gesungen und schon war der Gottesdienst nach 45 min vorbei und die Kinder gingen wieder zum Unterricht.

Obwohl ich wie gesagt mit dem Glauben nichts anfangen kann, so finde ich doch das ganze Drumherum für die Kinder eine sehr schöne Möglichkeit bestimmte Fähigkeiten auszubauen und ihren Horizont zu erweitern. So finden auch Aufführungen anlässlich Feiertagen aus anderen Kulturen statt wie z.B. das Sankt-Martins-Spiel der deutschen Grundschüler oder Nikolaus. Das finden die Amerikaner, die mit Sankt-Martin und dem Nikolaus überhaupt nichts anfangen können, immer wieder spannend und freuen sich, nicht zuletzt weil der Nikolaus natürlich nicht nur die deutschen, sondern auch die amerikanischen Schüler bedenkt.

Links: Sankt-Martins-Vorspiel der deutschen Grundschüler
Rechts: Acolyting Gruppe

Pledge of Allegiance

„I pledge allegiance to the flag of the United States of America, and to the republic for which it stands, one Nation under God, indivisible, with liberty and justice for all.“

Pledge of Allegiance, USA

(„Ich schwöre Treue auf die Fahne der Vereinigten Staaten von Amerika und die Republik, für die sie steht, eine Nation unter Gott, unteilbar, mit Freiheit und Gerechtigkeit für jeden.“)

Diesen Satz musste meine Tochter in der Grundschule auswendig lernen und hat sich gerade am Anfang unheimlich schwer damit getan. Viele unbekannte, schwierige Wörter die einen Inhalt bilden, der ihr nichts bedeutet.

Während die meisten Grundschüler diesen Satz jedoch mehr oder weniger gelangweilt runtergeleiert haben, wurde er von den anwesenden Eltern voller Inbrunst ausgesprochen. Ist der Nationalstolz in der heutigen Jugend ein anderer als der der vorherigen Generation oder kommt das noch mit dem Alter?

The Star-Spangled Banner

The Star-Spangled Banner (= das sternenbesetzte Banner) ist seit 1931 die offizielle Nationalhymne der USA. Da der Text bereits 1814 anlässlich des Sieges Amerikas über die Briten geschrieben wurde, ist der schreckliche und teils brutale Inhalt keineswegs verwunderlich und doch muss ich jedes Mal schlucken, wenn ich die kleinen Grundschüler in der Kirche von Bomben und Raketen singen höre.

O! say can you see
by the dawn’s early light,
What so proudly we hailed
at the twilight’s last gleaming,
Whose broad stripes and bright stars
through the perilous fight,
O’er the ramparts we watched,
were so gallantly streaming?
And the rockets’ red glare,
the bombs bursting in air,
Gave proof through the night
that our flag was still there;
O! say does that star-spangled
banner yet wave,
O’er the land of the free
and the home of the brave?

1. Strophe der Nationalhymne der USA

(„O sagt, könnt ihr sehen
im frühen Licht der Morgendämmerung,
was wir so stolz grüßten
im letzten Schimmer der Abenddämmerung?
Dessen breite Streifen und helle Sterne
die gefahrvollen Kämpfe hindurch
über den Wällen, die wir bewachten,
so stattlich wehten?
Und der Raketen grelles, rotes Licht,
die in der Luft explodierenden Bomben,
bewiesen die Nacht hindurch,
dass unsere Flagge noch da war.
O sagt, weht dieses
sternenbesetzte Banner noch immer
über dem Land der Freien
und der Heimat der Tapferen?“)

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